Gespeichert von Carmen Christmann am

Leben im Lockdown - ein Erfahrungsbericht

In der Zeit des Lockdowns war es dem Gesprächskreis Frauen für Frauen nicht möglich sich persönlich über die einschneidenden - jedoch ohne Zweifel notwendigen - Einschränkungen auszutauschen. Wir haben das in Telefonaten und Mails getan. In diesem Bericht will ich festhalten, wie die zurückliegenden Monate vor allem im Bezug auf Kontaktbeschränkungen, Home-Schooling, Home-Office, Ostern und dem Fastenmonat Ramadan empfunden wurden.

Corona-Infektionen in China, schlimm für die Menschen dort.  China ist ja weit weg. Doch im Handumdrehen war die Katastrophe auch bei uns.  Es wird allgemein als sehr umsichtig gesehen, dass sich die Bevölkerung so diszipliniert verhalten hat und den Empfehlungen gefolgt ist. So konnte eine gesundheitliche Katastrophe, wie wir sie aus den Nachrichten aus den Nachbarländern erfahren mussten, verhindert werden.

Der Anfang war für alle sehr schwer. Viele Pläne mussten erst einmal auf Eis gelegt werden: beruflicher Wiedereinstieg, Urlaub oder die Planung für einen neuen Lebensabschnitt. Am schlimmsten wurden die Kontaktbeschränkungen empfunden.  Der Verzicht geliebte Menschen außerhalb des eigenen Haushalts zu sehen, nicht mehr am Vereinsleben teilzunehmen war grausam. Wer hätte je gedacht, dass gemeinsames Singen gefährlich sein kann. Das Kirchen und Moscheen geschlossen blieben, war für gläubige Menschen schmerzlich. Ein schmaler Ersatz für persönliche Kontakte bot immerhin unsere digitale Welt.

Vor leeren Regalen im Supermarkt zu stehen, weil einige Mitbürger Angst hatten zu verhungern, war vor Corona schwer vorstellbar. Klopapier, Mehl und später auch Gummiband wurden zu weißem Gold. Interessante Erfahrung, auf die man hätte gut verzichten können.

Der Lockdown war nicht nur negativ. Vieles hat sich verändert und die Veränderung im sozialen Miteinander hatte auch Positives.

Der Alltag wurde entschleunigt.  Kein Termindruck.  Die Gelegenheit mehr Zeit als Familie miteinander zu verbringen wurde als sehr positiv empfunden. Freude darüber, dass der Sohn, der im Ausland studiert, noch rechtzeitig nach Hause ausreisen konnte.

Mehr gemeinsame Mahlzeiten, gemeinsames Spielen oder Fernsehen. Auch mal Faulenzen ohne schlechtes Gewissen. Oder, das zu tun was man schon immer mal machen wollte doch nie so richtig Zeit hatte, wie Schubladen, Schränke, Keller und Speicher aufräumen. Den Garten neu gestalten. Masken zu unser aller Schutz nähen. Eine Teilnehmerin unseres Gesprächskreises hat fast rund um die Uhr Masken genäht, die preiswert in einer Apotheke zum Verkauf angeboten wurden. Der Erlös kam syrischen Waisenkindern zugute. 

Der Kontakt zur direkten Nachbarschaft, gleich welcher Nationalität, wurde enger. Ein Gespräch über den Zaun oder von Straßenseite zu Straßenseite.

Die Schülerinnen und Schüler gewöhnten sich auch an Home-Schooling und kamen ganz gut zurecht. Der Anfang war nicht leicht. Doch waren, wie mir berichtet wurde, die Lehrerinnen und Lehrer per Chat erreichbar und hilfsbereit, große Probleme gab es nicht. Die beste Freundin, der beste Freund oder die Clique fehlten schon sehr.

Das Osterfest ist ganz ausgefallen. Keine Gottesdienste. Absolut keine Begegnungen. In dieser Zeit war sogar eine Ausgangssperre zu befürchten. Ich persönlich habe gut verpackte Süßigkeiten und ein Spielzeug desinfiziert, steril verpackt, mit Handschuhen angefasst und im Vorgarten versteckt. Mein Enkel hat sich gefreut. Er draußen und ich innen am Fenster haben wir uns Corona-Küsschen geschickt.

Der Fastenmonat Ramadan konnte zwar nicht so begangen werden wie gewohnt, doch waren die Regelungen in dieser Zeit nicht mehr ganz so strikt. Moscheen blieben geschlossen, die abendlichen Treffen mit der Großfamilie waren nicht möglich und das Zuckerfest, das vor allem die Kinder beschenkt, konnte auch nicht im gewohnten Rahmen stattfinden. Den Müttern kam die Aufgabe zu, den Kindern diese Zeit der Besinnung, des Gebetes sowie des Fastens zu erklären und nahe zu bringen. So hat eine Mutter mit ihren kleinen Kindern einen Ramadan-Kalender mit Süßigkeiten und kleinen Geschenken gebastelt. Am Zuckerfest wurden Gartennachbarn mit einbezogen.

Wir haben auch darüber gesprochen wie, schlimm diese Zeiten für alleinlebende oder in Heimen lebende Senior*innen sein muss. Selbst die wenigen Kontaktmöglichkeiten fielen aus.

Das Virus ist immer noch da!  Ein Hoffnungsschimmer sind die Reproduktionswerte, die zeigen, dass die Infektionsrate nicht mehr so hoch ist. Doch sollten wir Corona so wenig Angriffsfläche wie möglich bieten, indem wir weiterhin Verantwortung übernehmen und uns und andere schützen. Folgen wir den Empfehlungen wie Maske tragen, Abstand halten und auch nur Treffen im kleinen Kreis veranstalten. Das sollten wir uns wert sein.

Bleibt gesund!

Carmen  Christmann